15. Aug 2011
Die Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) ist eine der häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
Während bei Nahrungsmittelallergien ein Bestandteil der Nahrung (z. B. Gewürz oder Soja) als Allergen die Produktion von Antikörpern auslöst und die Beschwerden auf eine Antigen-Antikörper-Reaktion zurückzuführen
sind, besteht bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten ein Missverhältnis zwischen der Zufuhr eines bestimmten Nahrungsbestandteils und der Fähigkeit des Körpers, diesen Nahrungsbestandteil aufzunehmen und zu verstoffwechseln.
Bei der Laktoseintoleranz kann Laktose (Milchzucker), ein Doppelzucker, von dem Enzym Laktase in den Schleimhautzotten des oberen Dünndarms nicht in die Einzelzucker Glukose (Traubenzucker) und Galaktose aufgespalten und aufgenommen werden. Die Ursache hierfür kann genetisch bedingt sein (primärer Laktasemangel) oder auf erworbenen Erkrankungen des Dünndarms beruhen (sekundäre Laktoseintoleranz). In beiden Fällen gelangt Laktose in tiefere Dünndarmabschnitte und in den Dickdarm, wo es von Darmbakterien zu Gasen und zu Durchfall erzeugenden Abbauprodukten weiter abgebaut wird.
Der erbliche Laktasemangel kommt in verschiedenen Bevölkerungsgruppen
in unterschiedlicher Häufigkeit vor. In Deutschland haben etwa 20 % der erwachsenen Bevölkerung einen Laktasemangel.
In vielen asiatischen Ländern liegt die Häufigkeit bei 95-100 % – die traditionelle asiatische Ernährung ist laktosefrei. Die Symptomatik kann
bereits etwa 15-30 Minuten nach der Zufuhr laktosehaltiger Nahrungsmittel
(Milch, Quark, Käse, Saucen, Sahne, Creme fraiche, u. a. m.) auftreten. Die Zeitspanne kann auch wesentlich länger sein. Mitunter tritt eine Symptomatik erst nach 2 Stunden und später auf. In der Frühphase nach Aufnahme von Lactose können Symptome wie „Rumoren und Gluckern“ auftreten. Später, nach ca. 60-90 Minuten, kommt es durch den bakteriellen Abbau von Laktose im Dickdarm zu Blähungen, Krämpfen und/oder Durchfall.
Eine adäquate Therapie beinhaltet nicht den vollständigen Verzicht auf Milchprodukte. Es gibt auch Milchprodukte mit sehr niedrigem Gehalt an Laktose, wie z. B. älterer Parmesankäse, Ziegen- oder Schafskäse u. a.
m., die in kleinen Mengen problemlos verzehrt werden können. Darüber hinaus gibt es ein reichhaltiges Sortiment an laktosefreien Milchprodukten (wie z. B. Minus-L-Milch, laktosefreier Käse, LC1-Joghurt), mit denen auch eine hierzulande übliche Kalziumzufuhr gewährleistet ist.
Die klassische Diagnostik der Laktoseintoleranz beruht auf einem korrekt durchgeführten Provokationstest, der auf drei Komponenten beruht: 1. Der enzymatischen Spaltung/Nicht-Spaltung von Laktose im Dünndarm, 2. dem Nachweis/Nicht-Nachweis einer bakteriellen Vergärung von Laktose im Dickdarm (H2-Atemtest) und 3. der Provokation von klinischen Symptomen während und nach dem zweistündigem Test.
Ein alleiniger H2-Atemtest ist unzureichend und bei ca. 15 % der Patienten falsch negativ, da deren Darmflora nicht in der Lage ist, Wasserstoff zu produzieren. Zwar kann mittels Gentest eine dem primären Laktasemangel zugrunde liegende Genveränderung nachgewiesen werden. Der Nachweis korreliert jedoch nicht mit Art und Ausmaß der Symptomatik und ist für die Beratung des Patienten, wie streng eine laktosearme Ernährung eingehalten werden sollte, nicht hilfreich. In Einzelfällen kann zur Unterscheidung der Ursachen einer Laktoseintoleranz ein genetischer Test sinnvoll sein.
Autor:
Prof. Dr. Ottmar Leiß
Facharzt für Innere Medizin/Gastroenterologie