MED Facharztzentrum
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VOLKSKRANKHEIT SODBRENNEN Gastro-ösophagealer Reflux: Was ist das?

23. Mär 2018

Sodbrennen, saures Aufstoßen und Magenbrennen: diese Beschwerden sind sehr häufig (bei unserer Lebensweise bei ¼ der Bevölkerung mindestens 1x/Monat). Ursächlich wird vom Laien in dieser Situation meist angenommen der Magensaft sei „ zu sauer“.

Sodbrennen

Manchmal versucht man diesem mit „basischen Lebensmitteln“ zu begegnen. Tatsächlich soll der Mageninhalt genauso sein: sauer (durch die hier produzierte Salzsäure). Dies dient zum einen der Verdauung durch Aufspaltung von Nahrungsbestandteilen, zum anderen der Abtötung von Bakterien. Die gesunde Magenschleimhaut wird hierdurch nicht geschädigt, jedoch ist die Speiseröhrenschleimhaut säure-empfindlich. Sodbrennen und verwandte Leiden entstehen durch einen Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre (in der Fachsprache: gastroösophagealer Reflux), was bei etwa jeder 8.ten Person – bedingt durch den Körperbau –, vorkommen kann.

Bei diesen Menschen ist der Übergang zwischen Speiseröhre und Magen weit, die natürliche Lücke im Zwerchfell, durch die die Speiseröhre in den Magen gelangt, schließt nicht eng. Dies kann Beschwerden ohne weitere Folgen verursachen. Bei einer Untergruppe führt dies aber zu einer chronischen Entzündung der Schleimhaut der unteren Speiseröhre, was wiederum bei einem kleineren Teil dieser Patienten zu weiteren Komplikationen führen kann wie Blutungen, narbigen Verengungen oder Schleimhautveränderungen, die einen Risikofaktor für Speiseröhrenkrebs darstellen (Barrett-Schleimhaut genannt).

Aus diesem Grund sollte bei Sodbrennen mindestens 1x im Leben eine gründliche fachärztliche Untersuchung erfolgen, einschließlich Spiegelung des oberen Magen-Darm-Traktes (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie), meist mit mikroskopischer Untersuchung von Gewebeproben. Je nach Befund kann entschieden werden, ob Allgemeinmaßnahmen und Medikamente bei Bedarf ausreichen, um die Beschwerden zu lindern, oder ob eine dauerhafte medikamentöse Therapie oder evtl. eine Operation sinnvoll ist, um Komplikationen zu verhindern.

Regelmäßige Kontroll-Endoskopien sind meist nicht notwendig, nur bei ungeklärter Beschwerdezunahme sowie bei der kleineren Untergruppe der Patienten mit Risikofaktoren für Speiseröhrenkrebs. Wenn die Situation durch die Spiegelung nicht  hinreichend genau geklärt werden kann, ist gelegentlich auch eine 24 h pH-Metrie notwendig. Hierbei wird der Säuregrad (pH-Wert) in der unteren Speiseröhre gemessen mittels einer über die Nase eingeführten Sonde. Selten sind noch weitere Untersuchungen erforderlich.

Neben dem klassischen Sodbrennen können auch andere Beschwerden, die vom Laien nicht als erstes einem Reflux zugeordnet werden, durch den Magensäure-Rückfluss bedingt sein: anhaltender Husten, chronische Heiserkeit, Zahnschmelzprobleme oder Brustbeschwerden, die zunächst als Herzprobleme gedeutet werden. Auch in diesen Situationen empfiehlt sich eine Diagnostik beim Magen-Darm-Arzt, dem Gastroenterologen. 

Was können wir tun? 

Verstärkt wird die Magensäurebildung durch sehr fettreiche
und süße Speisen (Paradebeispiel: ein Stück Butterkremtorte), nicht so sehr durch saure Speisen wie eine Orange; weiter durch Kaffee, Nikotin und manche alkoholische Getränke. Diese Auslöser sollten daher gemieden,
oder zumindest weniger eingenommen werden. Auch Stress führt zu einer gesteigerten Magensäureproduktion. 

Schon vor mehr als 2000 Jahren rieten die Ärzte in Griechenland bei Magenbrennen zu körperlicher Ruhe und Schonung. Hippokrates selbst formulierte: „Eure Nahrung soll Eure Medizin sein“. 

Rein mechanisch kommt es zu einem vermehrten Magensäurerückfluss in die Speiseröhre nach üppigen Mahlzeiten, bei erhöhtem Druck im Bauchraum (zum Beispiel während der Schwangerschaft oder bei starkem Pressen durch Sport oder Heben), bei Übergewicht (durch den Druck der Bauchdecke), oder wenn man sich direkt nach dem Essen hinlegt. Vom Ratschlag „Nach dem Essen sollst Du ruhen oder 1000 Schritte tun“ empfehlen die Magen-Darm-Spezialisten daher den zweiten Teil.


Wenn diese Allgemeinmaßnahmen nicht ausreichen, oder wenn Komplikationen oder Risikofaktoren bestehen, sind zusätzliche Medikamente sinnvoll. Magensäurehemmend wirken altbewährte Antazida wie Talcid oder Rennie, H2-Blocker wie Ranitidin und die in den letzten Jahrzehnten häufig eingesetzten Protonenpumpenblocker wie Omeprazol oder Pantoprazol, die die Magensäureproduktion stark drosseln bei meist sehr guter Verträglichkeit. Zur kurzfristigen Einnahme in niedriger Dosis sind diese Substanzen inzwischen alle rezeptfrei erhältlich. Eine regelmäßige, längerfristige Einnahme sollte jedoch immer ärztlich abgesprochen werden, auch um zu klären, ob eventuell Wechselwirkungen mit anderen notwendigen Medikamenten bestehen oder sonstige Gründe gegen eine langfristige Einnahme sprechen. 

Ebenfalls altbewährt und zur Zeit als modernes Behandlungskonzept wieder entdeckt sind Medikamente, die die Schleimhaut direkt vor Schädigungen bewahren, indem sie diese wie eine schützende Schicht abdecken, zum Beispiel das Alginat (Medikamenten-Name: Gaviscon). Weiter gibt es Substanzen, die die Magenentleerung beschleunigen (das heißt den Weitertransport des Speisebreis vom Magen in den Dünndarm) wie Domperidon, die jedoch nur über kürzere Zeit hilfreich sind, oder -als naturheilkundliches Präparat- Iberogast. Bei manchen Patienten kann auch eine Operation sinnvoll sein: Wenn über lange Zeit Medikamente eingenommen werden müssen, und dies wegen Nebenwirkungen oder aus anderen Gründen nicht gewünscht wird, oder wenn die Therapie mit Arzneimitteln nicht ausreichend hilft, zum Beispiel weil außer der Magensäure noch größere Mengen des Mageninhaltes hochfließen (also nicht nur Säure sondern auch Speisebrei).


Sprechen Sie Ihren Hausarzt an


Immer wieder verunsichern Medien-Darstellungen die vielen Patienten mit Sodbrennen. Das Krebsrisiko (das nur bei einer kleinen Untergruppe besteht) schaffte es bis zu einer fettgedruckten BILD-Schlagzeile. Zuletzt häuften sich Berichte über mögliche Nebenwirkungen der Protonenpumpenhemmer, die tatsächlich teils unkritisch eingesetzt werden ohne ausreichende Beachtung der Allgemeinmaßnahmen oder auch ohne eindeutigen medizinischen Grund.

  In den letzten Jahrzehnten hat sich der Umsatz dieser Medikamente in den USA und Deutschland um das 2-3-fache gesteigert. Wenn wir mal annehmen, dass sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung in dieser Zeit nicht wesentlich geändert hat, beschreiben diese Zahlen wahrscheinlich einen zu häufigen Einsatz dieser Substanzen. Bei sinnvoller medizinischer Anwendung besteht jedoch ein sehr gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis.

ZUSAMMENGEFASST:

  • Sodbrennen kann gut behandelt werden, durch Lebensveränderungen, die Sie selber in die Tat umsetzen können, und durch altbewährte und moderne Medikamente.
  • Darstellungen im Internet und anderen Medien können verunsichern.
  • Ein differenziertes und abwägendes ärztliches Gespräch, das Ihre individuelle Situation berücksichtigt, kann Ihre Fragen klären.
  • Erster Ansprechpartner ist Ihr Hausarzt, falls notwendig im zweiten Schritt dann der Gastroenterologe nals Magen-Darm-Spezialist.

Sodbrennen

Autorin:

Prof. Dr. med. h.c. Christian Wüster Professor für Innere Medizin und Endokrinologie, Osteologe (DVO), Präventionsmediziner (ECARE)

Dr. med. A. Lutz-Vorderbrügge
Fachärztin für
Innere Medizin und Gastroenterologie, Diabetologie DDG














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