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Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz lehnt Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in Mainz ab

19. Mär 2015

Pressemitteilung vom 19.03.2015

Herr K. ist völlig aufgelöst. Schon zweimal war er nun in der Notaufnahme eines Krankenhauses wegen Anfällen von Herzrasen, Schweißausbruch und hohem Blutdruck. Es war immer alles Ordnung, man vermutete eine „hypertensive Entgleisung“, einen krisenhaften Blutdruckanstieg also. Dabei hatte er gar nicht so hohe Blutdruckwerte – normalerweise. Er sitzt jetzt vor einem Kardiologen, der ein normales Herz und einen normalen Herzrhythmus feststellte. Er vermute einen psychosomatischen Hintergrund, z. B. Panikattacken. „Ich bin doch nicht verrückt, das bilde ich mir doch nicht ein!“ ruft er und verlässt das Sprechzimmer. Er wird möglicherweise noch einige Fachärzte aufsuchen müssen, um zu verstehen, wie ihm geschieht. So oder ähnlich reagieren viele Patienten in dieser Situation. Viele schauen ungläubig und verlassen das Sprechzimmer mit der Absicht, dem Rat des Arztes nicht zu folgen. „Ich geh doch nicht zum Psychologen!!“
Diese Situation wollten wir bei uns in der MED verbessern.
Seit 2010 besteht in Mainz „die MED“, ein Facharztzentrum mit 14 Facharztpraxen, einem ambulanten OP-Zentrum, zwei Apotheken und einem Sanitätshaus in der Wallstraße gegenüber dem Hauptbahnhof. In diesem Zentrum werden im Jahr ca. 130.000 Patienten von über 50 Fachärzten betreut. Die Stärke des Zentrums ist die fachübergreifende Kooperation der Ärzte und die damit verbesserte medizinische Versorgung, und für die Patienten kurze Wege, insbesondere, wenn sie von mehreren Fachärzten gleichzeitig betreut werden müssen.
In einem sehr hohen Prozentsatz sind bei diesen Patienten psychosomatische Aspekte zu berücksichtigen, sowohl bei organisch gesunden Patienten mit psychosomatisch bedingten Beschwerden (wie bei Herrn K.) als auch bei organisch kranken Patienten, bei denen psychosomatische Probleme durch die Erkrankung hinzukommen oder gleichzeitig bestehen. Unser Rat als „Organfachärzte“, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wird von sehr vielen Patienten nicht befolgt. Sie suchen weiter, oft bei vielen verschiedenen Ärzten (sog. „ doctor hopping“), nach organischen Begründungen für Ihre Beschwerden.

Es gibt bei diesen Patienten erhebliche Widerstände, ihre Beschwerden als psychisch bedingt zu akzeptieren („Ich bin doch nicht verrückt!“).
Wir halten daher einen niederschwelligen Zugang dieser Patienten zum psychotherapeutischen Erstgespräch für dringend erforderlich, um die sonst immer wieder resultierenden Umwege zu ersparen, die für die Patienten frustrierend und für das Gesundheitssystem teuer sind.
Unser Ziel im Zentrum ist es, die Psychotherapie vor Ort zu haben. So wird es uns möglich, im Falle eines entsprechenden Verdachtes das psychosomatische Erstgespräch in unseren diagnostischen Ablauf zu integrieren, ohne jegliche Hürden wie neuer Ort, neue Praxis, neue Terminvereinbarung, die gerade bei psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychologen im niedergelassenen Bereich sehr schwierig ist, da keine ausreichenden Kapazitäten bestehen. So wie zur Abklärung von Herzproblemen ein Belastungs-EKG und ein Langzeit-EKG gehören, so würden wir gerne schon auf dieser Ebene wie selbstverständlich ein psychosomatisches Erstgespräch in die Diagnostik integrieren, bei gegebenem Verdacht.
Es gelang uns, vier erfahrene und im niedergelassenen Bereich gut etablierte Psychotherapeuten/-innen (Dr. Matthias Adler, Stefanie Keßeler-Scheler, Christoph Lohmeier-Zenz, PD Dr. Udo Porsch) für diese Idee zu gewinnen. Sie sind bereit, abwechselnd Sprechstunden in der MED mit dem oben beschriebenen Hintergrund durchzuführen.
Dazu ist jedoch die Genehmigung einer Zweigpraxis durch die Kassenärztliche Vereinigung erforderlich. Diese hat nun endgültig die entsprechenden Anträge der Kollegen abgelehnt. Die Begründung: Es handele sich nicht um eine Verbesserung der Versorgung, wie vom Gesetz gefordert, sondern nur um die Erhöhung von „Annehmlichkeiten für die Patienten“.

Es ist die spezifische Krankheitssituation dieser Patientengruppe, die diesen speziellen niederschwelligen Zugang sinnvoll macht. Es handelt sich dabei nicht um „Annehmlichkeiten“ für die Patienten. Hier fehlen offenbar der kassenärztlichen Vereinigung entweder die erforderlichen Kenntnisse oder der Wille, derartige neue Wege zu beschreiten.
Wir möchten dabei betonen: Die Genehmigung einer Zweigpraxis bedeutet nicht Erhöhung des Budgets, Erhöhung von Verdienstmöglichkeiten, Verteuerung der Versorgung. Sie ist nur mit höheren Kosten für die betreffenden Psychotherapeuten verbunden, die nun ihrer Arbeit an zwei verschiedenen Standorten nachgehen.
Es fällt der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz offensichtlich schwer, neue Wege zu gehen.

Dr. med. Norbert Wittlich
Kardiologe
Geschäftsführer MED Facharztzentrum
Mobiltelefon 0173-66 90 836

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