MED Facharztzentrum
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Vorsorge-Koloskopie in Deutschland

18. Okt 2012

Seit 2002 ist in Deutschland die Vorsorge-Koloskopie eine Leistung der Krankenkassen ab dem 55. Lebensjahr. Eine Erfolgsgeschichte.

Seit 2002 ist in Deutschland die Vorsorge-Koloskopie (d. h. eine komplette Darmspiegelung aus Gründen der Darmkrebs-Prävention bei beschwerdefreien Patienten) eine Leistung der Krankenkassen ab dem 55. Lebensjahr.

Bei speziellen Gründen (z.B. wenn familiär gehäuft Darmkrebs-Erkrankungen vorkommen) kann die Untersuchung auch zuvor sinnvoll sein, und wird dann ebenso von der Krankenkasse übernommen. Hier nimmt Deutschland international eine Vorreiter-Rolle ein.

Vorsorgekoloskopie in Mainz

Warum ist dies sinnvoll?

Dickdarmkrebs ist bei uns die zweithäufigste bösartige Erkrankung (nach dem Prostata-Karzinom bei Männern und dem Brustkrebs bei Frauen) mit etwa 70.000 Neuerkrankungen und knapp 30.000 Todesfällen pro Jahr. Dies entspricht mehr als dem Sechsfachen der jährlichen Verkehrstoten.

Termin zur Darmspiegelung?!

Über die gesamte Lebenszeit betrachtet erleiden 6 % der Bevölkerung, d. h. jeder 16te, ein Dickdarm-Karzinom. Diese Erkrankungen entstehen in den allermeisten Fällen über viele Jahre aus sog. Adenomen, einer bestimmten Art von Darmpolypen. Diese wachsen langsam (1 - 2 mm pro Jahr) und werden ab einer Größe von 1 - 2 cm in 40% der Fälle über Zwischenstufen bösartig.

Bei der Koloskopie wird u.a. nach diesen Polypen und nach Karzinomen gefahndet. Wird ein Polyp festgestellt, so kann dieser in der Regel direkt bei der Untersuchung entfernt werden. Somit ist die Vorsorgekoloskopie nicht nur eine Krebs-Früherkennung, sondern in erster Linie auch eine Krebs vorbeugende Maßnahme: wenn die Polypen entfernt werden, kann hier keine bösartige Erkrankung mehr entstehen!

Wenn bereits ein Darmkrebsleiden vorliegt, so wird diese durch die Vorsorgeuntersuchung gehäuft in einem früheren, d.h. in aller Regel noch heilbaren, Stadium erkannt.

Welche Ärzte dürfen die Untersuchung durchführen?

Die Vorsorgekoloskopie ist an strikte Qualitäts- und Hygienekontrollen gebunden. Durchgeführt wird sie nur von hoch spezialisierten Ärzten, welche die Koloskopie und die Polypektomie, d.h. die Polypabtragung, zuvor bereits in hoher Fallzahl unter Anleitung durchgeführt haben. Im Verlauf müssen dann mindestens 200 Koloskopien/Jahr und 10 Polypektomien/Jahr nachgewiesen werden, um zu gewährleisten, dass der untersuchende Arzt weiterhin ausreichend „in Übung“ ist.

Die Daten der Vorsorgekoloskopien (u.a. Diagnosen und evtl. Komplikationen) werden nach Vorgabe der gesetzlichen Krankenkassen anonymisiert weitergeleitet und zentral ausgewertet. Hierdurch konnte der Nutzen dieser Untersuchung und die sehr niedrige Komplikationsrate bereits eindrücklich belegt werden. Weiter erhalten die untersuchenden Ärzte durch die vergleichenden Statistiken eine Rückkopplung über die Qualität ihrer Untersuchung.

Was wurde bisher erreicht?

Nach Auswertung der Daten von 2003 bis 2010 konnten in diesem Zeitraum bei mehr als 300.000 Patienten fortgeschrittene Polypen entdeckt und entfernt werden. Somit konnten etwa 100.000 Krebserkrankungen verhindert werden.

Dickdarm-Karzinome wurden in etwa 50.000 Fällen erkannt, meist in einem frühen heilbaren Krankheitsstadium. Dies ergab eine messbar rückläufige Sterblichkeit an Dickdarmkrebs von 58% im Jahr 2001 auf 41 % in 2007.

Dies wurde bereits erreicht, obwohl pro Jahr nur 2,6 % der anspruchsberechtigten Versicherten diese Vorsorgeuntersuchung wahrnahmen.

Wie können wir noch mehr erreichen?

Die bisherigen Erfolge der Darmkrebsvorsorge können aufrecht erhalten oder gesteigert werden, wenn noch mehr Versicherte als bisher diese Vorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen.

Die Angst vor dem Eingriff ist meist unbegründet, wie Patientenberichte z. B. auch in Internetforen zeigen. Das Anstrengendste ist die Vorbereitung, da eine stark wirksame Abführlösung getrunken werden muss. Die Untersuchung selbst wird nach Gabe von Schlaf- und Schmerzmedikamenten in der Regel gar nicht wahrgenommen.

Ein Mann für den diese Informationen zu spät kamen, war der Dichter Robert Gernhardt. Er verstarb 2006 an Dickdarmkrebs. Seine Krankheitserfahrung hat er literarisch in vielen Gedichten in wunderbaren Worten festgehalten (Robert Gernhardt: „Die K-Gedichte“).

Seine Aufforderung zur Vorsorge-Koloskopie, für die er geprägt durch seine eigene Situation ausdrücklich warb, hat Reim und Rhythmus: „...Jedem heute folgt ein Morgen, also gilt es vorzusorgen, was im Falle Darmkrebs heißt, daß man etwas Mut beweist, und den Darm charakterfest einer Spieglung überläßt...“

Sorgen Sie vor!

Klar und prägnant zusammengefasst: „Besser ist´s den Darm zu spiegeln, als das Leben zu besiegeln“

Männer sind international und auch in diesem speziellen Fall Vorsorgemuffel, d.h. sie nehmen das Angebot möglicher medizinischer Vorsorgeuntersuchungen weit weniger wahr als Frauen.

Über die Gründe kann man diskutieren. Besser ist es zu versuchen, dies zu ändern. In Rheinland-Pfalz wurde dazu auf Initiative der Landeszentrale für Gesundheit der sogenannte „Männer-TÜV“ ins Leben gerufen.

Ziel dabei war es, Männer zur Inspektion des eigenen Körpers zu motivieren.

Dr. med. Anne Lutz-VorderbrüggeAutorin:

Dr. Anne Lutz-Vorderbrügge | Fachärztin für Gastroenterologie

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